dankbar ane:rkannt werden, dasz amtliche und private Stellen rechtzeitig die Gefahren
erkannt haben, die bei Eingriffen in das Orts- oder Landschaftsbild entstehen, und
sich bemühen, durch entsprechende Einwirkung auf die Gestaltung der neuen Kultur-
und Kunstbauten diese Gefahren zu verringern. Ich würde es begriiszen, wenn bei der
Hergabe öffentlicher Mittel, die unter der Verantwortung meines Ministeriums stehen,
auf diese Gesichtspunkte möglichst weitgehend Rücksicht genommen würde.
Dies kann in erster Linie bei der Gestaltung des Wohnungs- und Siedlungsbaues
geschehen. Es laszt sich nicht verkennen, dasz die befriedigende Lösung des Wohnungs-
baues insbesondere dann einer geschickten und feinfühligen Hand bedarf, wenn es gilt,
neue Wohnungsbauten wertvollen alten Ortsbildern einzugliedern. Ebenso ist die richtige
Wahl der Form des landlichen Siedlungshauses von ausschlaggebendem Einflusz auf
die Gestaltung des Landschaftsbildes. So verfehlt es ware, den gesunden Gedanken des
Heimatschutzes zu überspannen und etwa im Rahmen wertvoller Orts- und Landschafts-
bilder jede neue künstlerische Form zu verwerfen, so verfehlt erschiene es mir anderer-
seits, wenn Bestrebungen stattgegeben würde, die den Wert des Heimatschutzes
überhaupt leugnen. Der richtig verstandene Heimatschutz vertritt keineswegs die
Erhaltung überlebter Dinge. Er erstrebt vielmehr den Ausgleich zwischen erhalte_s-
we.rtem Ueberlieferten und gesundem Fortschritt, so dasz auch das neue Bauen jedweder
Art in organische Beziehung zur Umgebung gebracht wird.
Wichtige und dankbare Aufgaben bieten sich dem Natur- und Heimatschutz ferner
bei den Nocstandsarbeiten. So können bei Landeskultur arbeiten, insbesondere Oedland-
kultiuierungen und Meliorationen, durch schonendes Vorgehen ohne Schaden für die
wirtschaftliche Durchführung Teile der Landschaft, in denen ihre Eigenart besonders
zum Ausdruck kommt, und wertvolle Naturdenkmale erhalten werden, wie zum Beispiel
eigenartige Gestaltungen des Bodens oder Statten, die eine reiche oder durch seltene
Arten ausgezeichnete Pflanzen- oder Tierwelt bergen. In gleicher Weise lassen sich
Straszen-, Kanal- und Talsperrenbauten bei verstandnisvoller Rücksichtnahme unter
Schonung des Orts- und Landschaftsbildes ausführen. Viele Trager von Notstands-
arbeiten haben diesem Aufgabenkreis schon von sich aus ihre besondere Aufmerksam-
keit gescheukt.
Ich würde es für zweckmaszig halten, wenn den Dienststellen, denen in der
Hergabe öffentlicher Mittel eine weitreichende Einwirkung zusteht, nahegelegt würde,
die Bestrebungen des Natur- und Heimatschutzes auch ihrerseits zu unterstützen und
bei der Fórderung von Arbeiten die Stellen zu Rate zu ziehen, die mit der Pflege
dieser Bestcebungen besonders betraut sind, und auch die Trager der Arbeiten an
diese Stellen zu verweisen. So sind staatliche oder staatlich anerkannte Stellen darauf
bedacht, eigenartige oder reizvolle Naturschöpfungen zum Nutzen der Gesamtheit als
Gegenstande des Naturgenusses oder der wissenschaftlichen Forschung vor Schadigung
oder Zerstörung zu bewahren. In diesem Sinne wirken bekanntermaszen in Preuszen
die Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege (Berlin-Schöneberg. Grunewaldstr. 6/7 I)
mit den ihr angeschlossenen Stellen in den Provinzen, in Bayern der Landesausschusz
für Naturpflege (München, Lenbachplatz 7 II) mit seinen Kreisausschüssen, in Sachsen
die Gruppe C Naturschutz des Landesvereins Sachsischer Heimatschutz (Dresden-A.,
Schieszgasse 24), in Württemberg die Staatliche Stelle für Naturschutz und Landschafts-
pflege des Landesamts für Denkmalpflege (Stuttgart, Neckarstr, 8), in Baden die Landes-
Naturschutzstelle im Ministerium des Kultus und Unterrichts, in Thüringen die Thürin-
gische Beratungsstelle für Heimatschutz und Denkmalpflege (Weimar, Marstallgebaude)
usf. Auf dem Gebiete des Heimatschutzes wirkt neben den staatlichen Stellen für
Denkmalpflege der „Deutsche Bund Heimatschutz" (Geschaftsstelle Berlin-Schöneberg,
Grunewaldstr. 6/7) mit seinen 28 über das ganze Reich verteilten Landesvereinen. Zu
naheren Auskünften über die Organisationen des Natur- und Heimatschutzes ist die
Preuszische Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege gern bereit.
Ich ware dankbar, wenn ich von Masznahmen und Anordnungen, die auf dem
genannten Gebiet von Ihnen bisher getroffen worden sind, und Anordnungen, die
weiterhin in dieser Richtung ergehen, unterrichtet werden könnte.
I. V.: DR. GEIB.
Overgenomen uit: Nachrichtenblatt für Naturdenkmalpflege. 7. Jahrgang, Juli 1930, Nr. 4.